Kurzfassung. Die Elektroneurographie, auch als Nervenleitgeschwindigkeit bekannt, dient der Abklärung von Schäden der peripheren Nerven. Es werden dabei kurze Stromreize abgegeben.
Die Elektroneurographie (Nervenleitgeschwindigkeit) ist eine der wesentlichen neurologischen Untersuchungstechniken. Sie macht sich die Tatsache zunutze, dass in Nervenfasern elektrische Impulse weitergeleitet werden und wird zur Abklärung und Unterscheidung von lokalen Nervenschäden (wie zum Beispiel dem Karpaltunnelsyndrom) und Erkrankungen mehrerer Nerven (Polyneuropathien) eingesetzt. Die Elektroneurographie ist eine Ergänzung zu ärztlicher Anamnese und neurologischer Statuserhebung und kann diese nicht ersetzten. Deswegen besitzt für mich die Möglichkeit, Ihre Beschwerden mittels aller Modalitäten abzuklären, besondere Wertigkeit.
Die Grundlage der Untersuchungstechnik wurde bereits 1780 gelegt, als Luigi Galvani die Muskeln eines abgetrennten Froschschenkels durch elektrischen Strom zum Zucken brachte. 1852 wurde von Herman von Helmholz erstmals beim Menschen die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen und seit den 1940ern wird die Untersuchung auch in der neurologischen Praxis angewendet. Die technischen Voraussetzungen haben sich durch die zunehmende Digitalisierung verbessert, sodass mittlerweile mit modernen Geräten exakte Messungen vorgenommen werden können.
Ein Nerv ähnelt im Groben einem Stromkabel. Beide haben eine Isolierschicht, die im Fall des Nerven Myelinscheide heißt, sowie mehrere Einzelleitungen, welche beim Nerven Axone genannt werden.
Es gib im Körper verschiedene Arten von Nervenfasern – relativ großkalibrige motorische Nervenfasern mit schneller Leitungsgeschwindigkeit (bis 120m/s), die vom Rückenmark Bewegungsimpulse an die Muskeln weiterleiten, und sensible Nervenfasern, die verschiedene Kaliberstärken und Leitungsgeschwindigkeiten haben und verschiedene sensible Informationen, vom Schmerz bis zur Vibration, zum Rückenmark transportieren.
Reizt man einen motorischen Nerven mit Strom, so wird dieser Impuls weitergeleitet und an der sogenannten motorischen Endplatte mittels einer chemischen Überträgersubstanz (Acetylcholin) an die Muskelzelle weitergeleitet. Die Muskelzelle antwortet mit einer Bewegung, diese Bewegung wird mittels Klebeelektroden abgeleitet.
Messung der Nervenleitgeschwindigkeit
Reizt man an unterschiedlichen Stellen im Verlauf des Nerven, kann man die Nervenleitgeschwindigkeit berechnen. Diese ist hauptsächlich von der Isolierschicht abhängig. Zu Schädigungen der Isolierschicht kommt es vor allem bei erworbenen, meist entzündlichen, Erkrankungen der peripheren Nerven.
Die Ableitung der Muskelaktivität ergibt auf dem Bildschirm einen Kurvenausschlag. Hier wird unter anderem die Höhe der Kurve beurteilt. Eine Höhenreduktion ist häufig Ausdruck einer Schädigung der Einzelleitungen, also der Axone. Diese entsteht beispielsweise bei Zuckererkrankung, kann aber auch bei angeborenen Nervenerkrankungen nachweisbar sein.
Auch sensible Nerven(anteile) können mit der Elektroneurographie untersucht werden. Hierzu sind geringere Reizstärken ausreichend. Die sensible Elektroneurographie ist bei vielen Erkrankungen der peripheren Nerven schon vor der motorischen Elektroneurophraphie verändert. Die sensible Messung unterstützt somit in manchen Fällen eine frühere Diagnosestellung. Einschränkend ist zu sagen, dass die dünnsten Nervenfasern, die zum Beispiel bei einer schmerzhaften Neuropathie, wie sie unter anderem bei Zuckerkrankheit auftreten kann, betroffen sind, durch die Nervenleitgeschwindigkeit nicht erfasst werden können.
Eine Untersuchung mittels Elektroneurographie beinhaltet das Setzen mehrerer kurzer Stromreize. Die Stromstärke liegt hier im Milliamperebereich. Natürlich ist das nicht ganz angenehm. Durch meine Erfahrung im Bereich der peripheren Neurologie und der Anwendung der Elektroneurographie kann ich aber die Anzahl der Reize im Normalfall aber relativ gering halten. Zur Ergänzung der Untersuchung verwende ich meistens auch den Nervenultraschall.